28. Januar 2017

Vertrauen schaffen durch Transparenz



Das Vertrauen in die Politik ist auf einem Tiefststand. Nach dem ARD  Deutschlandtrend vom Oktober 2016 haben nur 24% der Wahlberechtigten in Deutschland sehr großes oder großes Vertrauen in politische Parteien. Immerhin  47% haben sehr großes oder großes Vertrauen in den Bundestag. Dem stehen jedoch 43% gegenüber, die weniger Vertrauen in den Bundestag haben, und 7%, die dem Parlament gar nicht vertrauen.

Demgegenüber haben 71% großes oder sehr großes Vertrauen in das Bundesverfassungsgericht und ganze 84% haben großes oder sehr großes Vertrauen in die Polizei.

Das fehlende Vertrauen in die politischen Parteien ist verheerend für unsere Demokratie, denn Parteien sind in Deutschland ein zentraler Bestandteil der Politik und bestimmen maßgeblich über die politische Ausrichtung mit. Wird diesen wichtigen Akteur_innen jedoch nicht mehr vertraut, dann können Rufe nach „starken Männern“ laut werden, die den „Sumpf“ trocken legen. An Donald Trump kann jedoch parademäßig gesehen werden, dass solche „starken Männer“ oftmals  genau das repräsentieren, wogegen sie im Wahlkampf hetzen.

Ein wichtiger Faktor beim Vertrauen in das politische System ist Korruption und mangelnde Transparenz. Dabei geht es im Falle von Korruption weniger um direkte Tauschgeschäfte von Abstimmungen gegen Geld, die längst strafbar sind. Vielmehr geht es um strukturelle Korruption, die sich aus der Nähe zu Lobbyvertreter_innen ergibt. Die kürzlich bekannt gewordene Möglichkeit für Geld Zugang zu wichtigen SPD-Politiker_innen zu bekommen, ist ein Beispiel für strukturelle Korruption. Es wird nicht direkt an die Politiker_innen und nicht für Gegenleistungen Geld gezahlt, sondern für den Zugang bzw. die Möglichkeit der Beeinflussung.

Die Regierung kann Anhörungen veranstalten zu Gesetzesentwürfen und dort haben dann registrierte Interessensverbände die Möglichkeit ihre Meinung kundzutun. Das ist an sich auch nicht verwerflich. Problematisch wird es, wenn ganze Textpassagen von Publikationen der Lobbyverbände unverändert übernommen werden. Auch das ist strukturelle Korruption, da auch dies nicht durch demokratisch legitimierte und transparente Abläufe geschieht, sondern durch Deals in Hinterzimmern.

Von daher hat die Frage der Korruption von Abgeordneten und Parteien viel mit der Regulierung von Lobbyismus zu tun. Grundsätzlich spricht nichts gegen Lobbyismus, also das Vertreten eines Interesses, da alle Anhänger_innen aller Interessen dazu die Möglichkeit haben. Problematisch wird es dann, wenn einige Lobbygruppen Vorteile gegenüber anderen erhalten. Dies geschieht entweder direkt durch Verschaffung von Zugang (siehe abgeschaffte Praxis von Hausausweisen für den Bundestag durch Fraktionen) oder durch bezahlten Zugang (siehe Beispiel von der SPD). Auf diese Weise werden finanzstarke Lobbyverbände begünstigt ihr Interesse zu vertreten bzw. finanzschwächere Organisationen (meistens zivilgesellschaftliche Lobbygruppen, die auf Spenden angewiesen sind) benachteiligt. Um diese Arten von Bevorzugung zu erschweren, fordern wir ein verpflichtendes Lobbyregister für alle Lobbygruppen, die in irgendeiner Weise Zugang zu Politiker_innen bekommen wollen. Des Weiteren sollte jeder gewährte Zugang zu Politiker_innen (Hausausweise von Parlamenten, Treffen mit Politiker_innen) unter Nennung der beteiligten Politiker_innen und Lobbyverbände gemeldet und gebündelt zweimal jährlich veröffentlicht werden.

Neben diesen Punkten sind auch die Nebenverdienste und -tätigkeiten von Abgeordneten ein Thema. Grundsätzlich können Nebentätigkeiten nicht verboten wären, das gebietet das verfassungsrechtlich verankerte freie Mandat. Allerdings sollten die Bürger_innen über die Nebentätigkeiten, sowie die Höhe der Einnahmen aus selbigen informiert werden, um sich selber ein Bild machen zu können.

In den bestehenden Regeln im Hamburger Abgeordnetengesetz (§26) sind bereits einige gute Punkte aufgehoben. Zur Veröffentlichung müssen beispielsweise die ausgeübten Berufe, vergütete und ehrenamtliche Tätigkeiten als Mitglied u.a. eines Vorstandes oder auch vergütete und ehrenamtliche Funktionen in u.a. Berufsverbänden angegeben werden. Für die interne Veröffentlichung werden bspw. auch alle Zahlungen an Parteien oder Wählervereinigungen, die über satzungsmäßig geschuldete Mitgliedsbeiträge hinausgehen, erfasst. Allerdings ist bei den Regeln im Bundesvergleich noch Luft nach oben. Es fehlt die Anzeige der erzielten Einnahmen aus Nebentätigkeiten (vgl. Verhaltensregeln des Deutschen Bundestages) und folgend daraus auch die Veröffentlichung zumindest in einem Stufenmodell.

Es gibt aber auch Aspekte, die sowohl in Hamburg als auch auf Bundesebene noch nicht vorhanden sind oder ungenügend geregelt werden, die wir aber für geboten halten. Reisen von Abgeordneten, zu denen sie auf Kosten Dritter eingeladen wurden, sollten veröffentlicht werden. Spenden sollten nicht erst ab 2500€ angezeigt und ab 5000€ veröffentlicht werden. Stattdessen sollte eine Anzeige bereits ab 100€ und eine Veröffentlichung ab 1000€ erfolgen.

Dem Parlament sollte u.a. zusätzlich angezeigt werden: Art des Vorteils und Name des Vorteilgebers, wenn ein_e Abgeordnete_r regelmäßig erhebliche Vorteile/Zuwendungen erhält oder der_die Vorteilgeber_in den_die Abgeordnete_n mit Sekretariats- bzw. Assistenzdiensten im Zusammenhang mit der Abgeordnetentätigkeit unterstützt. Darüber hinaus sollten Abgeordnete ihre Steuerbescheide dem Parlament gegenüber veröffentlichen und ihr Vermögen offenlegen. Allerdings sollten diese dem Parlament zugänglich gemachten Informationen von einer Veröffentlichung ausgenommen sein.

Diese Forderungen schränken die Abgeordneten nicht in der Ausübung ihres freien Mandats ein. Durch eine erhöhte Transparenz ist es jedoch möglich, langsam wieder Vertrauen in das politische System aufzubauen, welches für eine Demokratie essentiell ist. In anderen Worten ist die Umsetzung dieser Forderungen eine vertrauensbildende Maßnahme.

Vor diesem Hintergrund fordert die GRÜNE JUGEND Hamburg eine Änderung des Hamburger Abgeordnetengesetz entsprechend der oben genannten Forderungen. Ferner sollten Mandatsträger_innen die geforderten Informationen auch ohne entsprechende Gesetzesänderungen offenlegen.

Beschlossen auf der Landesmitgliederversammlung vom 25. Januar 2017



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