13. Mai 2019

STIPPVISITE NACH MECKLENBURG-VORPOMMERN



Wahlkampf kann manchmal richtig schön sein! Wenn man zu zehnt bei Sonnenschein in Altona steht und Flyer verteilen möchte, man aber bei jeder*m zweite*n Passant*in hört „Ne, danke! Ich wähle sowieso grün!“ Da haben wir an einigen Ecken in Hamburg total Glück (was den Sonnenschein angeht, könnte man diese These nochmal diskutieren)! Regelmäßig sind wir aber im Austausch mit anderen Landesverbänden und so wissen wir auch um unsere privilegierte Situation. Vor einem halben Jahr sind wir auf dem Bundeskongress auf die Idee aufgekommen, nach Mecklenburg-Vorpommern zu fahren und dort gemeinsam mit der GJ Wahlkampf zu machen. Denn dort es gibt nicht nur wesentlich weniger Aktive, auch grünen-freundliche Menschen trifft man auf der Straße weniger. Es sieht eher so aus, dass sich eine  handvoll Menschen unfassbar reinhängen, das ganze Bundesland zu plakatieren und nach der Wahl nur noch die Hälfte der Plakate abhängen muss, weil Nazis diese Arbeit schon voreilig übernommen haben.

Wenn wir von #weltändern sprechen, dann meinen wir nicht #hamburgändern – und Mecklenburg-Vorpommern gehört ja auch zu dieser Welt. Deshalb haben sich sieben Hamburger Aktive am 15. April auf den Weg nach Rostock gemacht, um dort in unzählige Dörfer auszuschwärmen und ungefähr jeden Laternenposten mit einem Plakat zu beglücken.

Vor diesen drei Tagen, die wir mit dieser Beschäftigung in Mecklenburg-Vorpommern verbracht haben, wusste ich nicht, wie unfassbar kräftezehrend Plakatieren ist. Obwohl man den ganzen Tag nur damit beschäftigt ist, im Auto zu sitzen und zwischenzeitlich mal ein paar Plakate anzubringt, waren wir abends immer komplett im Arsch. Was uns aber total deutlich wurde, dass Plakatieren eine der wohl entspanntesten politischen Beschäftigungen von linken-progressiven Gruppen in Mecklenburg-Vorpommern ist. Während wir uns in Hamburg beliebig mit Themen unserer Wahl beschäftigen können, müssen die Aktiven der GJ Mecklenburg-Vorpommern ihre ganze Energie in den Kampf gegen Nazis stecken. Dort trifft man auf rechte Gewalt, die die von „Merkel-muss-weg“-Demos um ein Vielfaches übersteigt. Aber nicht nur die inhaltlichen Kämpfe machen die politische Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern so schwierig. Die GRÜNEN haben dort super wenig Mitglieder und wesentlich weniger finanzielle Möglichkeiten. Weil die GRÜNEN 2016 aus dem Landtag geflogen sind, fehlt unfassbar viel Struktur, die wir in Hamburg gar nicht in Frage stellen. Ich fand es total eindrücklich, wie uns die GJ-Aktiven aus Mecklenburg-Vorpommern erzählt haben, was Strukturschwäche auch auf parteilicher Ebene bedeutet und was wir als strukturstarke Landesverbände tun können. Es geht um eine Menge Wertschätzung und Sichtbarkeit. Wenn wir vergessen, als Bundesverband zu arbeiten und als Bundesverband alle Landesverbände mitzunehmen und anzuerkennen, was dort geleistet wird, dann schwächt uns das als gesamten Verband.

Neben den intensiven Gesprächen und netten Menschen, die sicherlich alleine schon Grund genug wären wiederzukommen, waren wir am Ende auch alle von der Weite und Leere der mecklenburger Dorflandschaften begeistert. Wer in Mecklenburg-Vorpommern Wahlkampf macht, nutzt nicht nur die Chance aus der Großstadt herauszukommen. Man nutzt auch die Chance, Dörfer kennenzulernen, in denen es weder Fahrradwege noch Bürger*innensteige gibt und Omas deshalb mit ihrem Rollator auf der Landstraße laufen, in denen entweder keine Plakate oder nur rechte Plakate hängen und in denen es noch nicht einmal ein Duzend Laternenposten gibt, um irgendwie 20 Plakate anzubringen. Als Abwechslung zu unserem privilegierten Wahlkampf kann es sicherlich nicht schaden, mal in Mecklenburg-Vorpommern vorbeizuschauen. Und deshalb macht sich diese Woche erneut eine hamburger GJ-Gruppe auf nach Mecklenburg-Vorpommern. Denn wenn dort Nazis aufmarschieren, dann ist es egal, ob man aus Mecklenburg-Vorpommern kommt oder nicht. Sowas muss uns auch angehen und gerade deshalb müssen wir als Verband zusammen kämpfen!

von Katharina Stolla



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