6. Juli 2022

Positionspapier der GRÜNEN JUGEND Hamburg zu den Entwürfen der Bildungspläne der Schulbehörde

Auf dem Bild sind fünf junge Menschen zu sehen, die zusammen ein Schild halten. Auf dem Schild steht: "Neue Bildungspläne nur mit echter Inklusion statt Leistungsdruck"

Die ausführliche Version kann hier abgerufen werden: https://gruenejugendhamburg.de/?p=22130

Wir als GRÜNE JUGEND Hamburg begrüßen allgemein eine Reform der Bildungspläne. Die nun vorgeschlagenen Entwürfe werden aber nicht den Herausforderungen unserer Zeit gerecht und sind pädagogisch rückschrittig. Der Rückschritt zu Kerncurricula und damit die Abwendung von kompetenzorientierten Bildungsplänen widersprechen unserer und der Breite der pädagogischen wissenschaftlichen Vorstellung von guter Bildung.. Wir wollen in diesem Positionspapier im Rahmen der Beschlüsse des Schulstrukturfriedens unsere weitergehende Kritik an den Entwürfen für die Bildungspläne darlegen.

Überfüllte Kerncurricula und veraltetes Leistungsprinzip verhindern gerechte und inklusive Bildungspläne
Durch die Umgestaltung der Bildungspläne in Kerncurricula wird nun vorgegeben, was in welchem Unterricht thematisch gelernt werden soll, diese sind jedoch übermäßig gefüllt. Die Fülle des Unterrichtsstoffes verschärft den ohnehin starken Leistungsdruck, da der Unterricht sich dadurch primär auf das Abarbeiten des Unterrichtsstoffes fokussieren muss. Dieser ist durch Corona weiter gestiegen und all seine Folgen für die psychische Gesundheit müssen angegangen und nicht durch mehr Leistungsdruck verstärkt werden . Nicht nur hier führen die Bildungspläne zum gegenteiligen Effekt: Durch den starren Inhalt kann kein Unterricht gestaltet werden, der Kompetenzen vertieft und Persönlichkeitsentwicklung ermöglicht.
Nicht nur die Fülle an Inhalt, sondern insbesondere die Leistungsüberprüfungen verursachen einen enormen Druck bei Schüler*innen und hemmen den Lernerfolg. Die erhöhte Gewichtung der schriftlichen Leistungen, der Wegfall von Klausurersatzleistungen und die Erhöhung der Anzahl an Klausuren nimmt viel Zeit für stumpfe Wissensreproduktion in Anspruch.Echte Inklusion ist mehr als ein neun Zeilen kurzer Absatz, der diese stark vereinfacht. Inklusion sollte der Grundsatz der gesamten Bildungspläne sein. Inklusion ist das Akzeptieren und Fördern davon, dass wir alle unterschiedlich sind, unterschiedlich lernen, die Welt unterschiedlich wahrnehmen und unterschiedliche Interessen haben. Unsere Gesellschaft wird durch Diversität und Unterschiedlichkeit bereichert. Dies sollte unsere Bildung widerspiegeln und nicht untergraben.

Wir sehen deswegen an den aktuellen Entwürfen folgenden  Änderungsbedarf:

  • Eine drastische Reduzierung der in den Kerncurricula vorgeschriebenen Inhalte.
  • Eine reduzierte anstatt einer verstärkten Gewichtung schriftlicher Prüfungsleistungen.
  • Die Anerkennung der enormen Belastungslage von Schüler*innen auch in den Inhalten der Bildungspläne.
  • Eine Stärkung der Inklusion in den Bildungsplänen. Das bedeutet, dass die Bildungspläne vor allem auch in den Rahmenplänen im Sinne eine Pädagogik der maximalen Heterogenität weiterentwickelt werden müssen. Individualisiertes inklusives Lernen sollte sich wie ein roter Faden durch die Pläne ziehen. 


Die Bildungspläne ermöglichen kein zukunftsgerichtetes Lernen
In unser modernen Gesellschaft scheint vieles Gelerntes überflüssig zu sein. Soziale Kompetenzen sowie Kreativität und vieles Weitere sollte im Fokus stehen. Obwohl diese Skills zum Teil im A-Teil aufgeführt werden, ist es für Lehrkräfte, durch die Inhaltsfülle der Kerncurricula, kaum möglich ihren Unterricht so zu gestalten, dass diese Kompetenzen tiefgehend erlernt und von Schüler*innen entwickelt werden können. Wenn es um die Zukunftsfähigkeit des Schulsystems geht, fehlt uns zudem die Umsetzung der Leitperspektive Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). BNE ist ein Konzept zur Transformation des Bildungssystems, welches eine partizipative, inklusive und moderne Lernkultur sowie eine Bildung an den Herausforderungen unserer Gesellschaft auf den Weg bringen soll. Diese wichtige Transformation wird im A-Teil aufgeführt, jedoch bekommt BNE in den Rahmenplänen für die einzelnen Fächer nur punktuelle und willkürlich Auftritte. Weiter sehen wir Änderungsbedarf in der Frage nach echter Partizipation und der Mitbestimmung von Schüler*innen . Um Schüler*innen zu mündigen Gestalter*innen unserer Gesellschaft zu bilden, müssen sie mit grundlegenden Partizipationsmöglichkeiten und Demokratiebildung in Kontakt kommen. Jugendliche sollten in der Schule lernen, dass sie eine zivilgesellschaftliche Stimme haben und wissen, wie sie diese einsetzen können. Weiter muss das Prinzip der gelebten Demokratie in Schule gestärkt werden, um den antidemokratischen Zügen unserer Gesellschaft entschlossen entgegenzutreten. Verschiedene Prinzipien wie ein gestärkter Klassenrat oder die stärkere Einbeziehung von Schüler*innen in die Unterrichtsgestaltung müssen hier miteinfließen.

Wir sehen deswegen an den aktuellen Entwürfen folgenden Änderungsbedarf:

  • Eine konsequente Umsetzung der KMK Strategie “Leben und Lernen in einer digital geprägten Welt”, die auch eine moderne Prüfungskultur weg von reinen Klausuren den Schulen ermöglicht. 
  • Im Rahmen der Entschlackung der Rahmenpläne eine strukturelle Verankerung von BNE auf didaktischer und inhaltlicher Ebene. 
  • Die Weiterentwicklung der Leitperspektive Wertebildung hin zu einer echten Leitperspektive Demokratiebildung, die als solche dann auch ausreichend Raum für Schüler*innenbeteiligung am Lernprozess in den Rahmenplänen einräumt. 




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